Zeche Shamrock in Herne
1858 - 1967
Die Zeche Shamrock wurde von einem der Bergbaupioniere, dem Iren Thomas Mulvany gegründet. Die Verwaltung
seiner Zechen unter der Gesellschaft Hibernia hatte ihren Sitz in Herne, der später von der DSK übernommen wurde. Der Name bezieht
sich auf das offizielle irische Nationalsymbol, das dreiblättrige Kleeblatt. Ab 1900 wurde es im Wappen der Stadt Herne geführt.
Mulvany war nicht nur Kapitalgeber. Er brachte auch
aus England die damals hochmoderne Abteufmethode mit Tübbingen mit.
Er konnte damit erfolgreich die stark wasserführenden Schichten des Emschermergels durchteufen. Dies gelang mit der ebenfalls
mitgebrachten Technik zur Wasserhebung durch mit Dampfmaschinen betriebenen Saugkolbenpumpen. Am 30. August 1860 wurde Shamrock
als einer der ersten Zechen die Seilfahrt erlaubt, die das Einfahren über Leitern (Fahrten) ablöste. Wegen der unsicheren Seile
durfte nur Kohhle und Material am Seil transportiert werden. Bei den Grubenunglücken taucht daher oft "Tod durch verbotene Seilfahrt"
auf. Entweder riss das Seil oder Berleute stürzten in den Schacht ab.
Wie bei benachbarten Zechen traten anfangs viele Schlagwetterexplosionen auf (1861 und 1867 je drei Tote, 1871 zehn Tote, 1884
acht Tote und 1901 vier Tote). Beim Übertreiben bei
Seilfahrt starben 1910 vier Bergleute. Bei Grubenbränden starben 1882 elf und 1885 sieben Bergleute. Offenbar war die Grubenfeuerwehr
dadurch so gut "geschult", dass sie bei der größten Katastrophe im Steinkohlenbergbau auf der Zeche Courrières in
Nordfrankreich mit 25 Helfern in die noch brennende Grube einfuhr. Damals starben 1099 Bergleute und die Herner konnten nach
21 Tagen 13 Verschüttete retten. Die Aktion wurde zum Symbol der Verständigung zwischen den Erzfeinden Frankreich und Deutschland
gefeiert. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs beendete diese Illusion.
Ab 1869 lieferte die Zeche Gas für die Straßenlaternen in Herne und war stark beteiligt an der weiteren Entwicklung der Stadt
durch den Bau von Zechensiedlungen und Kohleverwertungsanlagen (u.a. Stickstoffwerk). Offenbar steckte soviel englisches Kapital
in den Konzernanlagen, dass die Herner Innenstadt fast unzerstört den 2. Weltkrieg überstand, während alle umliegenden Städte
extrem zerstört waren. Durch die vielen Besucher der florierende Bahnhofstraße hatte Herne lange den Beinamen "goldener Westen".
Dies erklärt auch, warum die Geschäftshäuser an der Straße fast durchgehend reich verzierte Gründerzeitfassaden haben.
Die Zeche war von Anfang an immer auf dem Stand der Techik. So wurde ab 1884 eine hydraulische Bohrmaschine eingesetzt, die sich
beim Arlbergtunnel (Eisenbahn) bewährt hatte. Schon vor 1900 waren Kohlenwäschen in Betrieb und eine Waschkaue. Die Grubenwehr
entwickelte das erste tragbare Gasschutzgerät, das einer einfachen Tauchausrüstung ähnelte.
Die Flöze auf Shamrock waren überwiegend steil gelagert. Dies war lange Zeit vorteilhaft, da mit Presslufthämmern ein effektiver
Abbau möglich war. Mit der stärkeren Mechanisierung entwickelte sich diese Situation zum Nachteil. Ende der 1950er Jahr wurden
90% der Kohle noch per Hand gewonnen. Damit stiegen die Personalkosten. Ein Streb in flacher Lagerung benötigt weniger Personal. Dazu kam
der Aufwand für die Sicherung mit Holzstempeln (eiserne waren zu schwer). Die Stilllegung konnte daher trotz modernster Anlagen
übertage am Schacht 11 nicht verhindert werden.
Die Schachtanlage 1/2/6/9 lag nur wenige Meter entfernt von der Herner Innenstadt. So ergaben sich früh
Einschränkungen beim Kohleabbau. Der vorgeschriebene Bergeversatz erhöhte die Kosten und milderte Bergschäden nur ab. Eine
eigene Kokerei wurde nicht gebaut, sondern eine bestehende private 1873 übernommen. Der Abbau verlagerte sich stärker nach Westen,
wo weniger private Bebauung existierte. Die hier entstandenen Zechensiedlungen wurden auf eigenen Grundstücken gebaut. Es
gab zwar Schäden an den Häusern, Reparaturen wurden von der Zeche durchgeführt ohne Bürokratie und Entschädigungzahlungen. Die
neben der Zeche gelegenen Kohlechemieanlagen (die A43 existierte noch nicht) entwickelten sich zu großen Betrieben, die zuletzt
den Chemische Werken Hüls angegliedert waren. Das Stickstoffwerk gehörte lange zum größten Düngemittelhersteller Europas,
der Ruhrstickstoff und wurde 1985 an die norwegische Norsk Hydro verkauft. Die kleinere Anlage in der Innenstadt
wurde von der südafrikanischen Gesellschaft Sasol übernommen. Deren Anlagen haben alle Spuren der Zeche getilgt, die
Schächte liegen daher auch nicht zugänglich auf dem Betriebsgelände. Nur einige Gebäude am ehemaligen Zecheneingang sind
erhalten, liegen aber innerhalb des Betriebsgeländes. Hier befand sich auch die Verwaltungsg der Zechengesellschaft Hibernia,
zu der Shamrock gehörte.
Nach dem Ende des Stickstoffwerks entstand ab 1990 auf dessen Gelände der Gewerbepark Hibernia, der noch einige Freiflächen hat.
Nur der Gasometer blieb erhalten und dient sporadisch als Werbefläche für einen im Park angesiedelten Sportartikelhändler. Eine
Nutzung wie beim (wesentlich größeren Gasometer in Oberhausen) scheitert bisher an den Sanierungskosten im Inneren.
Wie verschachtelt die Anlagen anfangs waren zeigt das Abteufen von Schacht 9 als neuem Förderschacht. Dazu wurde die neben den
drei anderen Schächten liegende Kesselfabrik Berninghaus abgerissen. Von 1914 bis 1961 war hier der Hauptförderstandort.
Bis 2017 befand sich auf dem Gelände der Schachtanlage 1/2/6/9 der Sitz der RAG Aktiengesellschaft.
Die Schachtanlage Shamrock 3/4 in Herne-Wanne erhielt 1904 nach dem Betriebsleiter der Zeche den Namen Behrensschächte.
Daneben lag die Zentralkokerei, die nach schweren Kriegsschäden erst 1948 wieder in Betrieb ging. Der ab 1957 abgeteufte Schacht 11
übernahm seit 1961 die gesamte Förderung. Trotz den Investitionen von etwa 200 Mio. DM folgte 1967 die Stilllegung. Sie wurde 1964
vom DDR-Fernsehen angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Belegschaft und der Betriebsrat keine Kenntnis davon. Durch den
Bericht ausgelöste Trauermärsche führten nicht zu der erhofften Solidarität durch Bergleute der anderen Herner Zechen. Immerhin
konnte ein Sozialplan für 800 Beschäftigte durchgesetzt werden. Die meisten wurden von der Recklinghäuser Zeche General Blumenthal
übernommen. Die Ironie dabei war die Anbindung der hochmodernen Förderanlage und Aufbereitung der Zeche
Shamrock an diese Anlage
unter Tage über eine Strecke von 17 km (siehe dort
General Blumenthal).
Der Verbund endete 2000 mit dem Ende des Abbaus in Recklinghausen. Seit 2009 wurden alle verwertbaren Maschinen von Chinesen ausgebaut,
i.w. Fördertechnik und Aufbereitung. Ab 2012 wurden die Betonteile der Anlage (Wagenumlauf, Kohlewäsche) mit einer Stahlkugel
zerlegt, da das daneben liegende Kraftwerk im noch laufenden Betrieb nicht beeinträchtigt werden sollte. Der am weitesten entfernte
Anlagenteil wurde im August 2012 gesprengt. Als Letztes wurde der Förderturm ab März 2013 "zerdeppert" und auch die letzten
Zechengebäude abgerissen. Die Fläche soll zu einem Gewerbegebiet entwickelt werden. Der Kraftwerksbetrieb ist seit Ende 2013 eingestellt.
Als reiner Wetterschacht wurde Schacht 8 abgeteuft. Die ehemalige Betriebsfläche liegt direkt neben dem Firmensitz der Wanne-Eickler
Traditionsfirma Heitkamp (inzwischen auf dem Areal von Pluto 2/3/7) in einem Wohngebiet. Sie wird als Parkplatz genutzt. Der Schacht
mit der Protegohaube befindet sich am Rand zum Bürgersteig.
Seit 2019/2020 werden die Fahrzeuge des Wupper-Lippe-Express hier gewartet, damit hat der VRR den Hersteller Stadler beauftragt.
Dazu wurde der frühere Gleisanschluss reaktiviert und eine Abstellanlage mit Wartungshalle angelegt. Für die gesamte übrige
Fläche wird seit 2023 ein Gewerbegebiet mit wissens- und technologieorientierter Nutzungen geplant. Das sehr ehrgeizige Projekt
sieht sogar eine Seilbahn vor, die vom Bhf Wanne-Eickel hierher führen soll. Informationen dazu sind unter
Techno Ruhr International
zu finden.
Der für die Bewetterung nötige Schacht 5 wurde im damals fast unbebauten Bereich südlich der Herner Innenstadt
abgeteuft. Heute steht hier eine Blockbebauung mit Wohnhäusern. Auch auf einem Teil der ehemaligen Betriebsfläche stehen Wohnhäuser.
Der Bereich neben dem eingezäunten Schacht mit Protegohaube wurde zum Spielplatz.
Der Wetterschacht 7 lag neben dem zum Gewerbepark Hibernia umgestalteten Gelände des Stickstoffwerks.
Hier stand ein kleines Strebengerüst. Die Betriebsfläche ist heute Teil eines Gewerbebetriebs und wird als Lagerplatz genutzt,
der nicht zugänglich ist.
Ein weiterer Luftschacht war Schacht 10 im Norden des Grubenfelds. Daneben lag eine langgezogene flache Halde.
Auf dieser Fläche entstand das Freizeitbad Wananas, das 2011 bei einem Brand im November zerstört wurde. Es ist seit 2014 wieder
in Betrieb. Der Schacht liegt nördlich davon in einem Wäldchen, erkennbar am Schachtdeckel.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 |
1857 |
1860 |
1967 |
572 |
1873 - 1945 |
2 |
1860 |
1865 |
1967 |
573 |
|
3 |
1890 |
1893 |
1967 |
670 |
1893 - 1967 |
4 |
1891 |
1897 |
1967 |
611 |
|
5 |
1897 |
1898 |
1964 |
670 |
|
6 |
1897 |
1898 |
1967 |
672 |
|
7 |
1899 |
1902 |
1967 |
670 |
|
8 |
1908 |
1909 |
1964 |
181 |
|
9 |
1911 |
1914 |
1967 |
950 |
|
10 |
1925 |
1928 |
1967 |
457 |
|
11 |
1957 |
1961 |
2001 |
975 |
|
maximale Förderung 1.983626 t 1929
durchschnittlich 1,3 - 1,9 Mio. t/a
Wie wichtig das ausländische Kapital beim Übergang zum Tiefbau im Ruhrgebiet war zeigt die Eigentümerliste der Zeche bei
ihrer Gründung 1856. Der erste Repräsentant war William Thomas Mulvany, der damals schon in Düsseldorf wohnte. Dazu kamen
Privatiers und Rentner (Personen, die von den Erträgen ihres Vermögens sehr gut leben konnten).
- Privatier James Perry sen. (Dublin)
- Eisenbahndirektor Patric C. Ronay (London)
- Fabrikant William Malcolmson (Portland)
- Schiffsreeder Joseph Malcolmson (Mayfield)
- Rentner James Perry jun. (Dublin)
- Rentner James Perry jun. Obelisk Park (Dublin)
- David Malcolmson (Mayfield)
- Kaufmann Michael Corr van der Maeren (Brüssel)
Mulvany war Vermessungsingenieur, der durch Heirat der Adligen Alicia Winslow of Cloghan zu Wohlstand gelangte.
Er erhielt eine Stelle im Amt für öffentliche Arbeiten und stieg schnell zum königlichen Kommissar auf. Beim Regierungswechsel 1852
verlor er mit erst 46 Jahren sein Amt. Die starren Regelungen im Staatsdienst hatten ihm nie behagt und seine konstruktive Kritik war
nicht erwünscht. Diese eher unternehmerische Einstellung führte dann zu seinen Investitionen im Ruhrbergbau.
Ungewöhnlich war die Kontaktaufnahme. Der Gelsenkirchener Tierarzt Ignaz Ahls hatte beim Studium in Brüsselden Michael
Corr van der Maeren, der gebürtiger Ire war kennengelernt. Diesen konnte er als Investor gewinnen. Er nutzte seine Kontakte
nach Irland und konnte die anderen Gründungsmitglieder von den Profitaussichten im Bergbau überzeugen.
Bei den Schächten 1 und 2 wurden nicht die damals üblichen Malakofftürme gebaut sondern die in England üblichen Bockgerüste.
Sie waren viel preiswerter und Holzkonstruktionen. Sie wurden wegen des härteren Klimas in Deutschland früher als in England
durch Stahlgerüste ersetzt. Dies war auch bei den ebenfalls von Mulvany angelegten Zechen Erin in Castrop-Rauxel
und Hibernia in Gelsenkirchen der Fall.
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- Schacht Shamrock 1/2 in den 1860er Jahren
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- Schacht Shamrock 1/2 im Jahr 1885
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- Schacht Shamrock 1/2 im Jahr 1900
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- Schacht Shamrock 1 im Jahr 1956
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- Schacht Shamrock 1 im Jahr 1956
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- Schacht Shamrock 1 im Jahr 1956
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- Schacht Shamrock 1/9 im Jahr 1958
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- Schacht Shamrock 9 im Jahr 1968
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- Schacht Shamrock 9 im Jahr 1968
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- Schacht Shamrock 1/2/6/9 Folgenutzung im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 1/2/6/9 Folgenutzung im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 1/2/6/9 Verwaltungsgebäude
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- Schacht Shamrock 1/2/6/9 Verwaltungsgebäude
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- Schacht Shamrock 3/4 im Jahr 1958
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- Schacht Shamrock 3/4 1962 mit Milchwerbung
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- Schacht Shamrock 3 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 3 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 3 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 4 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 3/4 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 11 im Bau
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- Schacht Shamrock 11 im Betrieb 1980er Jahre
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- Schacht Shamrock 11 im Jahr 2005
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- Schacht Shamrock 11 kurz vor dem Abriss
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- Schacht Shamrock 11 2012 schon im Abriss
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- Schacht Shamrock 11 2013 - als Landmarke fast verschwunden
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- Schacht Shamrock 11 Abriss 2013
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- Schacht Shamrock Abriss 2013
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- Schacht Shamrock 11 Abriss 2013
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- Schacht Shamrock 5 im Jahr 2008
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- Schacht Shamrock 5 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 7 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 7 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 8 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 8 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 8 im Jahr 2013
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- Schacht Shamrock 10 Fundamentreste im Jahr 2011
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- Schacht Shamrock 10 Fundamentreste im Jahr 2011
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- Schacht Shamrock 10 im Jahr 2011
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