Zeche Sellerbeck in Mülheim-Dümpten-Sellerbeck
1811 - 1905
Der Bergbau in Mülheim begann sehr früh und endete auch früher als in allen anderen Städten des Ruhrgebiets.
Daher sind kaum Bergbauspuren erhalten und die Lage der ältesten Schächte ist mit den frei verfügbaren Karten nicht genau zu ermitteln.
Einer der ersten Stollenbetriebe war der von Sellerbeck. Die sich daraus entwickelnde Tiefbauzeche stellte schon 1905 den Betrieb
ein. Der Name leitet sich wahrscheinlich von einer alten Bauernfamilie ab, die in der Umgebung mehrere Gehöfte hatte. Es bestanden
bis zum Abteufen des ersten Schacht mehrere Vorgängerbetriebe.
Sellerbeck
Erste Nachrichten über einen Stollen liegen ab 1580 vor. Er kam schon 1586 wegen Wasserzufluss
zum Erliegen und wurde ab 1597/98 noch einmal bis etwa 1610 betrieben.
Sellerbeck Stollen
Dieser Stollen war kein direkter Vorgänger der späteren Zeche. Er wurde in Mellinghofen von der
Ruhr aus im 16. Jahrhundert aufgefahren und erreichte bis 1730 eine Länge von etwa ca. 2100 m. Für die damalige Zeit
war dies sehr beachtlich. Etwa von 1710 bis 1730 fand ein gemeinsamer Abbau mit den Zechen Kinderberg, Leybank und
Wiesche statt. Wahrscheinlich verursachte er die aufwändig sanierten Bergschäden im Bereich der Mühlenstraße.
Der Tiefbau begann, nachdem der erste Schacht Christian bis unter die Stollensohle der Cronenberger Adit
reichte. Diese Zeche bestand schon seit etwa 1730. Adit ist eine altertümliche Bezeichnung für einen Erbstollen. Eine Besonderheit
war ihre Anlage. Sie wurde treppenartig durch Gesenke erweitert.
Ingesamt gab es 21 mit einer Länge von 1,7 m, was zu einer Stollenlänge von 216,3 m führte. Der zuletzt betriebene Schacht
Carl war 36 m tief. Sellerbeck hatte bis zum Tiefbau auch über diesen Stollen das Grubenwasser abgeführt.
Der erste Förderstandort lag im Stadtteil Mellinghofen. Hier wurde 1811 der Schacht Christian abgeteuft.
1815 kam ein Wetterschacht dazu. Ein Jahr davor legte man einen Schiebeweg zur Ruhr an. Er wurde auch zeitweilig von der zweiten
Förderanlage und angrenzenden Stollenbetrieben mit genutzt. Die Förderung an diesem Standort endete spätestens
mit dem Teufen der späteren Förderanlagen. Als Luftschacht blieb der Schacht Christian noch bis 1949 in Betrieb, was bei einem
so früh abgeteuften Schacht ungewöhnlich ist. Das eingezäunte und nicht zugängliche Betriebsgelände grenzt an Sportanlagen
neben einer Schule und ist dicht mit Bäumen und Sträuchern bewachsen.
Die Anlage war schon früh mit "moderner" Technik ausgestattet. 1819 wurde eine Wasserhaltungsdampfmaschine von der Zeche
Clefflappen übernommen. 1825 wurde der dreispännige Pferdegöpel durch eine Dampfmaschine ersetzt. Profitabel war der Betrieb
nicht. 1832 wurde noch ein Hilfsschacht geteuft, der die Bewetterung verbesserte und auch zur Förderung genutzt wurde.
Etwas weiter nördlich lag der dritte Förderschacht (Carnall). Er lag an der Pferdebahn, die an der Stadtgrenze zu Oberhausen
eine Anbindung über das Anschlussgleis der Zeche Roland zum Bahnhof Oberhausen hatte. Dieser Transportweg erklärt sich mit der
Eröffnung der Köln-Mindener Eisenbahn, die früher erfolgte als die Fertigstellung der durch Mülheim führenden Rheinischen Bahn.
Über die Schiebewege ging die Kohle zur Niederlage an der Ruhr. Von dort wurden sie überwiegend über den Rhein nach Süddeutschland
verschifft.
Der Schacht Carnall war bis 1905 in Betrieb, als die Zeche Sellebeck stillgelegt wurde. Ab 1903 war ein Querschlag von der
Zeche Roland aufgefahren worden, der über fünf km lang war. Über ihn wurden die Restvorräte nach Oberhausen transportiert und
alle noch offenen Schächte verfüllt (bis auf den Schacht Christian). Der Schacht Carnall liegt auf einer Brachfläche [2014].
Sie umfasst etwa das frühere Betriebsgelände, das lange mit einfachen Wohnhäusern bebaut war, deren Substanz heutigen
Anforderungen nicht mehr genügte (oder spekulativ nicht saniert). Der Revisionsdeckel liegt aktuell in einer wilden Rasenfläche
und ist nicht gekennzeichnet.
Nach der Stilllegung blieben die Zechengebäude stehen und verfielen langsam. 1909 zündelten (angeblich) Kinder in der Nähe und
das Feuer griff auf die Anlage über, die komplett ausbrannte. Die Ruine wurde in den 1920er Jahren abgerissen. Die Anlage war
ein Musterbeispiel für den Übergang vom großen Schachthaus zum Malokoffturm.
Eine weitere Anlage bestand aus den Schächten Hermann und Gertrud. Sie sollten den Schacht Christian ersetzen,
der für die größeren Fördermengen nicht mehr ausreichte. Dazu kamen Probleme mit Wasserzuflüssen. Diese Anlage hatte ebenso
Probleme mit Grubenwasser. Da die Förderwege unter Tage immer länger wurden teufte man noch einen Hilfsschacht ab, der einen Teil
der Förderung übernahm. Die Hauptschächte lagen in Eppinghofen an der heutigen Kuhlenstraße. Da nach dem Bergbau hier eine
Ziegelei und später unterschiedliche Gewerbebetriebe bestanden ist von der Bergwerksphase kein Hinweis mehr vorhanden. Die beiden
Schächte sind mit einer Stahlbetonplatte abgedeckt und kaum zugänglich in einem Waldstreifen. Die Fläche der Ziegelei wurde nach
2005 mit einer Wohnsiedlung überbaut.
Am weitesten nach Osten lag die Anlage eigentliche Zeche Sellerbeck mit den Schächten Müller (Förderung) und
Humboldt (Wetter). Auch diese hatte nur bescheidene Ausmaße. Die Schachtabmessungen waren relativ großzügig (Schacht Müller
etwa 4,7 x 2 m und Humboldt 3,6 x 2,3 m). Heute reicht die Fläche gerade für einen Kinderspielplatz, in den auch die Haldenreste
einbezogen wurden. Der Schacht Müller liegt eingezäunt am Rand und ist mit einem Gehölz überwachsen, Schacht Humboldt nicht
erkennbar in der Spielwiese. Bis hierher reichte die Schiebebahn, deren Trasse teilweise in Straßenverläufen nachzuvollziehbar ist.
Sie wurde mit Förderbeginn 1839 zur Pferdebahn umgebaut, da sie nun eine Länge von über 6,7 km hatte. Zwischen 1838 und 1846 war
Sellerbeck die größte Zeche im Ruhrgebiet. Die Förderung lag bei 45000 t/a mit 280 Beschäftigten.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Christian |
1811 |
1811 |
1949 |
251 |
Wetterschacht |
1815 |
1817 |
ca. 1840 |
ca. 110 |
Hermann |
1824 |
1829 |
1905 |
136 |
Gertrud |
1824 |
1829 |
1905 |
136 |
Hilfsschacht |
1832 |
1835 |
1900 |
108 |
Schacht 1 (Müller) |
1834 |
1839 |
1905 |
368 |
Schacht 2 (Humboldt) |
1834 |
1839 |
1905 |
368 |
Schacht 3 (Carnall) |
1854 |
1859 |
1905 |
383 |
maximale Förderung 166946 t 1901
durchschnittlich 90000 - 120000 t/a
1865 wurden zwei Wetterschächte abgeteuft, die sicher nur geringe Teufen und Abmessungen hatten.
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- Wohnhäuser am Schacht Hermann
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- Einzäunung Schacht Christian
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- Schacht Christian
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- Standort Schacht Hunboldt
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- Einzäunung Schacht Müller
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- Schacht Carnall Ruine um 1920
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- Schacht Carnall 2006 mit noch vorhandenen Wohnhäusern
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- Schacht Carnall 2014 nach Abriss der Bebauung
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- RevisionsöffnungSchacht Carnall
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