Zeche Sellerbeck in Mülheim-Dümpten-Sellerbeck

1811 - 1905


Sellerbeck Überblick


Der Bergbau in Mülheim begann sehr früh und endete auch früher als in allen anderen Städten des Ruhrgebiets. Daher sind kaum Bergbauspuren erhalten und die Lage der ältesten Schächte ist mit den frei verfügbaren Karten nicht genau zu ermitteln. Einer der ersten Stollenbetriebe war der von Sellerbeck. Die sich daraus entwickelnde Tiefbauzeche stellte schon 1905 den Betrieb ein. Der Name leitet sich wahrscheinlich von einer alten Bauernfamilie ab, die in der Umgebung mehrere Gehöfte hatte. Es bestanden bis zum Abteufen des ersten Schacht mehrere Vorgängerbetriebe.

Der Tiefbau begann, nachdem der erste Schacht Christian bis unter die Stollensohle der Cronenberger Adit reichte. Diese Zeche bestand schon seit etwa 1730. Adit ist eine altertümliche Bezeichnung für einen Erbstollen. Eine Besonderheit war ihre Anlage. Sie wurde treppenartig durch Gesenke erweitert. Ingesamt gab es 21 mit einer Länge von 1,7 m, was zu einer Stollenlänge von 216,3 m führte. Der zuletzt betriebene Schacht Carl war 36 m tief. Sellerbeck hatte bis zum Tiefbau auch über diesen Stollen das Grubenwasser abgeführt.


Sellerbeck 3
Der erste Förderstandort lag im Stadtteil Mellinghofen. Hier wurde 1811 der Schacht Christian abgeteuft. 1815 kam ein Wetterschacht dazu. Ein Jahr davor legte man einen Schiebeweg zur Ruhr an. Er wurde auch zeitweilig von der zweiten Förderanlage und angrenzenden Stollenbetrieben mit genutzt. Die Förderung an diesem Standort endete spätestens mit dem Teufen der späteren Förderanlagen. Als Luftschacht blieb der Schacht Christian noch bis 1949 in Betrieb, was bei einem so früh abgeteuften Schacht ungewöhnlich ist. Das eingezäunte und nicht zugängliche Betriebsgelände grenzt an Sportanlagen neben einer Schule und ist dicht mit Bäumen und Sträuchern bewachsen.
Die Anlage war schon früh mit "moderner" Technik ausgestattet. 1819 wurde eine Wasserhaltungsdampfmaschine von der Zeche Clefflappen übernommen. 1825 wurde der dreispännige Pferdegöpel durch eine Dampfmaschine ersetzt. Profitabel war der Betrieb nicht. 1832 wurde noch ein Hilfsschacht geteuft, der die Bewetterung verbesserte und auch zur Förderung genutzt wurde.
Etwas weiter nördlich lag der dritte Förderschacht (Carnall). Er lag an der Pferdebahn, die an der Stadtgrenze zu Oberhausen eine Anbindung über das Anschlussgleis der Zeche Roland zum Bahnhof Oberhausen hatte. Dieser Transportweg erklärt sich mit der Eröffnung der Köln-Mindener Eisenbahn, die früher erfolgte als die Fertigstellung der durch Mülheim führenden Rheinischen Bahn. Über die Schiebewege ging die Kohle zur Niederlage an der Ruhr. Von dort wurden sie überwiegend über den Rhein nach Süddeutschland verschifft.
Der Schacht Carnall war bis 1905 in Betrieb, als die Zeche Sellebeck stillgelegt wurde. Ab 1903 war ein Querschlag von der Zeche Roland aufgefahren worden, der über fünf km lang war. Über ihn wurden die Restvorräte nach Oberhausen transportiert und alle noch offenen Schächte verfüllt (bis auf den Schacht Christian). Der Schacht Carnall liegt auf einer Brachfläche [2014]. Sie umfasst etwa das frühere Betriebsgelände, das lange mit einfachen Wohnhäusern bebaut war, deren Substanz heutigen Anforderungen nicht mehr genügte (oder spekulativ nicht saniert). Der Revisionsdeckel liegt aktuell in einer wilden Rasenfläche und ist nicht gekennzeichnet.
Nach der Stilllegung blieben die Zechengebäude stehen und verfielen langsam. 1909 zündelten (angeblich) Kinder in der Nähe und das Feuer griff auf die Anlage über, die komplett ausbrannte. Die Ruine wurde in den 1920er Jahren abgerissen. Die Anlage war ein Musterbeispiel für den Übergang vom großen Schachthaus zum Malokoffturm.

Sellerbeck 1
Eine weitere Anlage bestand aus den Schächten Hermann und Gertrud. Sie sollten den Schacht Christian ersetzen, der für die größeren Fördermengen nicht mehr ausreichte. Dazu kamen Probleme mit Wasserzuflüssen. Diese Anlage hatte ebenso Probleme mit Grubenwasser. Da die Förderwege unter Tage immer länger wurden teufte man noch einen Hilfsschacht ab, der einen Teil der Förderung übernahm. Die Hauptschächte lagen in Eppinghofen an der heutigen Kuhlenstraße. Da nach dem Bergbau hier eine Ziegelei und später unterschiedliche Gewerbebetriebe bestanden ist von der Bergwerksphase kein Hinweis mehr vorhanden. Die beiden Schächte sind mit einer Stahlbetonplatte abgedeckt und kaum zugänglich in einem Waldstreifen. Die Fläche der Ziegelei wurde nach 2005 mit einer Wohnsiedlung überbaut.

Sellerbeck 2
Am weitesten nach Osten lag die Anlage eigentliche Zeche Sellerbeck mit den Schächten Müller (Förderung) und Humboldt (Wetter). Auch diese hatte nur bescheidene Ausmaße. Die Schachtabmessungen waren relativ großzügig (Schacht Müller etwa 4,7 x 2 m und Humboldt 3,6 x 2,3 m). Heute reicht die Fläche gerade für einen Kinderspielplatz, in den auch die Haldenreste einbezogen wurden. Der Schacht Müller liegt eingezäunt am Rand und ist mit einem Gehölz überwachsen, Schacht Humboldt nicht erkennbar in der Spielwiese. Bis hierher reichte die Schiebebahn, deren Trasse teilweise in Straßenverläufen nachzuvollziehbar ist. Sie wurde mit Förderbeginn 1839 zur Pferdebahn umgebaut, da sie nun eine Länge von über 6,7 km hatte. Zwischen 1838 und 1846 war Sellerbeck die größte Zeche im Ruhrgebiet. Die Förderung lag bei 45000 t/a mit 280 Beschäftigten.

Übersicht Schachtdaten

Schacht Teufbeginn Inbetriebnahme Stilllegung max. Teufe (m)
Christian 1811 1811 1949 251
Wetterschacht 1815 1817 ca. 1840 ca. 110
Hermann 1824 1829 1905 136
Gertrud 1824 1829 1905 136
Hilfsschacht 1832 1835 1900 108
Schacht 1 (Müller) 1834 1839 1905 368
Schacht 2 (Humboldt) 1834 1839 1905 368
Schacht 3 (Carnall) 1854 1859 1905 383


maximale Förderung 166946 t 1901

durchschnittlich 90000 - 120000 t/a


1865 wurden zwei Wetterschächte abgeteuft, die sicher nur geringe Teufen und Abmessungen hatten.



Wohnhäuser am Schacht Hermann

Einzäunung Schacht Christian

Schacht Christian

Standort Schacht Hunboldt

Einzäunung Schacht Müller

Schacht Carnall Ruine um 1920

Schacht Carnall 2006 mit noch vorhandenen Wohnhäusern

Schacht Carnall 2014 nach Abriss der Bebauung

RevisionsöffnungSchacht Carnall

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