Zeche Mont Cenis in Herne-Sodingen

1871 - 1935/1963


Mont Cenis Übersicht


Die Gründung der Zeche fällt in den Zeitraum, als Deutschland Elsaß/Lothringen nach dem Krieg 1870/71 besetzte. Die französischen Investoren Joseph Pierre Monin aus Marseille und Francois Auguste Viviers aus Lyon benannten die Anlage nach dem Paß, der an der französisch-italienischen Grenze liegt und von Napoleon zu einer modernen Straße ausgebaut wurde. 1871 ging ein 13 km langer Tunnel in Betrieb. Monin war Bergbauingeniuer und studierte an der Ecole Polytechnique, die Napoleon stark förderte. Möglicherweise war die Namensgebung eine versteckte Würdigung Napoleons.
Die Grubenfelder waren schon 1858/59 von dem Bochumer Fuhrunternehmer Wilhelm Endemann gemutet worden. Er hatte früh erkannt, dass mit dem Bergbau selbst oder dem Verkauf von Feldern Geld zu verdienen war. Nach dem Erwerb durch Monin und Viviers wurde der erste Schacht noch unter der Bezeichnung Alexandrine abgeteuft und zwei Jahre später umbenannt. Die ersten Betriebsjahre waren schwierig. Statt der erhofftenn Fettkohle stand Gaskohle an. Diese ist i.d.R. härter und war schwerer abzubauen. Dazu traf man den Bereich des Grubenfeldes mit den meisten Störungen. Ungünstig war die Lage in einem dünn besiedelten Gebiet, wodurch Wohnungen für Bergleute fehlten. Die Lage wurde noch durch einen Brand im Jahr 1888 verschärft, der die gerade ausgerichteten Abbaue zerstörte.
Bis zum verstärkten Abbau von Fettkohle, die stärker ausgast, blieb der Betrieb von Unglücken verschont. 1921 starben fünf Bergleute durch Steinfall und bei einer Kohlenstaubexplosion durch verbotswiedriges Sprengen in der Kohle 85 Bergleute. Es kam zu mehreren Schlagwetterexplosionen (1931 - 18 Tote, 1935 - sieben Tote und 1965 mit neun Toten).
1917 ging die Zeche in den Besitz des Röchling Konzerns über. Sie sicherte die Koksversorgung der Maximilianshütte in Rosenberg (später Maxhütte). Die Zeche blieb selbständig. Dies änderte sich mit dem Kauf durch die Harpener Bergbau AG 1936. 1939 erwarb die Friedrich Krupp AG die Zeche und gliederte sie Contantin der Große in Bochum an. Der Betrieb lief weiter eigenständig (aber nach Vorgabe des Konzerns) bis zur kompletten Übernahme 1963. Danach ging die Förderung unter Tage nach Constantin. Nach der Neuordnung der Abbaubetriebe durch die RAG ab ab 1973 die Förderung auf der Zeche Friedrich der Große gehoben. Die noch anstehende Kokskohle war so hochwertig, dass man mit 1300 m Teufe die tiefste Hauptfördersohle im Ruhrgebiet unterhielt.
Das Grubenfeld war tektonisch sehr stark gestört, wodurch ein ungewöhnlicher Kohlereichtum bestand. Von der Gasflammkohle bis zur Esskohle wurden 42 Flöze abgebaut. Durch die zahlreichen Störungen war der Abbau allerdings schwierig und durch den hohe Methangehalt der Kohle gefährlich, was die wiederholten Grubengasexplosionen (s.o.) belegen. 1960 führte ein Grubenbrand zur Aufgabe der östlichen Abbaufelder und zum vorzeitigen Ende des Betriebs im Jahr 1963.


Mont Cenis 1/3
Der Schacht 1 wurde zunächst unter dem Namen Alexandrine abgeteuft und später in Mont Cenis umbenannt. Da ein zweiter Schacht als Rettungsweg vom Oberbergamt vorgeschrieben war kam es zu wirtschaftlichen Problemen. Für das Abteufen fehlten die Geldmittel und die Wetterführung mit nur einem Schacht war problematisch. Die Fördermenge wurde bis zur Verbesserung gekürzt. Als Lösung wurde neben dem Schacht 1 ein mit 2,5 m Durchmesser klein dimensionierter (damit nicht zur Seilfahrt geeigneter) Wetterschacht abgeteuft. Er erhielt die Bezeichnung Schacht 1a. Erst nach dem Anschluss an die 2. Sohle der Zeche Friedrich der Große hob des Oberbergamt die Restriktionen auf. Damit stiegen die Förderung und die Gewinne, die ab 1890 den Ausbau der Tagesanlagen ermöglichten. Dies erklärt den späten Einsatz einer Kohlenwäsche ab 1893.
Mit dem Schacht 3 war der Standort bis 1963 Förderanlage und Kokereistandort. Zum Bahnhof Herne bestand ein Gleisanschluss. Das Zechengelände wurde nach der endgültigen Stilllegung 1978 komplett abgeräumt und parkähnlich umgestaltet. Dabei wurden u.a. Betontrümmer zu einer begehbaren Skulptur genutzt (Trümmerfeld von Herman Prigann, der auch die Himmelstreppe auf der Halde Rhein-Elbe gestaltete). Randlich enstanden Wohnhäuser und Einkaufsmöglichkeiten. Beherrscht wird das Gelände von der Akademie Mont-Cenis, der Fortbildungsakademie des Innenministerium NRW. Diese besteht aus einer 180 Meter langen, 75 Meter breiten und 15 Meter hohen verglasten Halle in Holzbauweise. Darauf gefindet sich die mit 10000 m³ Fläche zeitweilig größte gebäudeintegrierte Solaranlage weltweit. In der Halle sind ein Hotel, ein Flanierbereich und kommunale Einrichtungen integriert. Zusätzlich wird auch Grubengas in einem Blockheizkraftwerk genutzt. Das gesamte Gelände wird von einer elliptischen Baumreihe begrenzt. Ein Gestaltungselement ist eine große aufgeschotterte Fläche neben dem Akademiegebäude.
Die Schächte 1, 1a und 3 haben alle Protegohauben. Nur eine Gebäudegruppe blieb erhalten, der ehemalige Zecheneingang. Hier haben sich Dienstleistungbetriebe eingemietet.
In der 2010er Jahren begann die Methanausbeute aus dem Schacht 3 zu sinken. Die Menge reichte nicht mehr lange zum Betrieb des Blockheizkraftwerks. Daher wurde eine Bohrung gesetzt, die eine Streckenkreuzung traf. So fällt durch den größeren Einzugsbereich mittelfristig genug Methan an.

Mont Cenis 2/4
Die Anlage Mont-Cenis 2/4 lag 2 km östlich von Mont Cenis 1/3 und blieb eine reine Nebenanlage für Material, Seilfahrt und Bewetterung. Sie sollte ab 1960 stärker genutzt werden. Geplant war der Abbau im Ostfeld, das gerade an die neue 1200 m Sohle angeschlossen wurde. Bei der Ausrichtung brach ein Grubenbrand aus, der abgedämmt wurde. Als auch nach mehreren Monaten die Temperatur hinter dem Damm nicht sank gab man das östliche Grubenfeld auf und stellte die Seilfahrt ein. Neben dem Schacht 2 wurde wie beim Schacht 1 ein kleiner Luftschacht abgeteuft. Von der Anlage blieb nichts erhalten. Der größte Teil der Fläche ist mit einer Wohnsiedlung bebaut, daneben liegt ein Sportplatz. Die Schächte 2 und 2a liegen auf einer Freifläche an der Siedlungszufahrt. Die Protegohaube von Schacht 2 wurde etwa 2014 abgebaut. Schacht 4 liegt in einem Hausgarten.
Der 1912/13 auf dem benachbarten Beimberg errichtete Wasserturm für die Gesamtzeche wurde seit den 1930er Jahren nicht mehr benötigt und ist seitdem ein Aussichtsturm. Der Entwurf stammt von dem bekannten Industriearchitekt Alfred Fischer.

Mont Cenis 5
An der Zechenbahntrasse sollte nördlich der Anlage 1/3 ab 1920 ein Luftschacht abgeteuft werden (auch zur Bewetterung des Ostfelds). Die Arbeiten wurden bei 80 m Teufe eingestellt. Man hatte sich zum Ausbau der Anlage 2 zu einer Doppelschachtanlage entschlossen, womit 1924 begonnen wurde. Wahrscheinlich trug auch die Besetzung der Ruhrgebiets ab 1921 zur Einstellung des Abteufens bei.
Hier sind heute noch Reste der Abteufanlage vorhanden. Die vier gemauerten Widerlager für das Abteufgerüst liegen zugewuchert am Sodinger Bach. Daneben stehen die Mauern des Fördermaschinenhauses und weitere Fundamentreste. Der Bereich ist während der Vegetationsperiode kaum erkennbar und nicht leicht erreichbar. Ein Rohr markiert den Schachtmittelpunkt.

Übersicht Schachtdaten

Schacht Teufbeginn Inbetriebnahme Stilllegung max. Teufe (m) Kokerei
1 (Alexandrine) 1871 1875 1963 1283 1905 - 1961
1a 1883 1884 1946 312  
2 1895 1897 1966 650  
2a 1898 1900 1946 312  
3 (Carl) 1905 1909 1963 1133  
4 1924 1931 1966 1200  
5 1920   gestundet 80  


maximale Förderung 1.145272 t 1930
durchschnittlich 700000 - 1 Mio. t/a


Transportweg a

Transportweg b
Gegen Ende des 1. Weltkriegs brach der Kohletransport mit der Bahn wegen Wagenmangels sehr stark ein. Die in Witten stark vertretene Glasindustrie befürchtete Betriebsstilllegungen. Als Alternative kam der Transport mit der Straßenbahn in Frage. Die speziell benötigte Gasflammkohle in halbwegs vertretbarer Entfernung nur auf der Zeche Mont Cenis erhältlich. Auf der Anlage 1/3 wurde eine Ladestelle mit einer 100 t fassenden Bunkeranalage gebaut. Die Kosten übernahm die Glasfabrik. Ab Januar 1918 wurde der Transport von der Westfälischen Straßenbahn aufgenommen. Der Fahrweg betrug 22,3 km. Bis zum Jahresende wurden 31585 t Kohle geliefert, überwiegend (15918 t) an die Glasfabrik Crengeldanz. Dazu kamen die Märkische Glashütte und die Glasfabrik Utermann (9690 t), die Wittener Hütte (3259 t), die Märkische Seifenindustrie (2020 t) und die Wittener Stahlformgießerei (710 t). Die Lieferungen wurden bis 1924 mit durchschnittlich 150 t/Arbeitstag weitergeführt. Insgesamt kamen etwa 270000 t zusammen. 1925 wurde die Ladestelle auf dem Zechengelände abgerissen.

SV Sodingen

An dieser Stelle passt ein kleiner Exkurs zu Fußball im Ruhrgebiet. In der Nähe der Schachtanlagen waren Vereine zuhause, die heute nur noch in den Amateurklassen existieren oder verschwunden sind. Dies waren "Malochervereine" mit Spielern, die als Bergleute arbeiteten und in der Freizeit trainierten. Beim SV Sodingen lag das Stadion direkt neben dem Schacht Mont-Cenis 4, näher als bei allen anderen Vereinen. Die große Zeit dieser Vorortereine war in den 1950er Jahren als es so gut wie keine Profispieler gab. Ab 1949 wurde ein Vertragsspielersystem eingeführt. In der 2. Liga gab es 160 DM brutto plus 40 DM Siegprämie, in der Oberliga das Doppelte; für die Zeit relativ viel Geld, aber nur ein Zuerwerb.
Der SV Sodingen (SVS )wurde 1912 gegründet und kickte wie alle Arbeitermanschaften in den unteren Amateurklassen. 1949 gelang der Aufstieg aus der Beziksliga in die Landesliga und danach direkt in die 2. Liga West. 1952 wurde der Verein Meister und stieg in die höchste Klasse auf (damals Oberliga West). Eine solche Karriere hat sonst nur noch der FC Schalke 04 geschafft. Der Höhepunkt für den SVS war 1955 der 2. Platz vor Mannschaften wie Borussia Dortmund, Schalke 04 und dem 1. FC Köln. Es gelang auch die Qualifikation für die deutsche Meisterschaft. In seiner Gruppe waren Victoria 89 Berlin, der HSV und die damaligen "Bayern", der 1. FC Kaiserslautern. Die Heimspiele wurden in der Glückauf Kampfbahn ausgetragen. Beim Spiel gegen Kaiserslautern kamen 80000 Zuschauer, von denen 55000 eine Platz im Stadion ergatterten. Der SVS wurde Gruppendritter und schied aus (allerdings mit zwei Remis gegen Kaiserslautern). Meister wurde Rot Weiss Essen. Laut Kicker hatte vor allem Fritz Walter eine sich anbahnende Niederlage der Lauterer verhindert.
Danach gab es einen richtigen Hype mit Einladungen nach England und Italien und als erste Westmannschaft in die DDR. Wenig später begann der Niedergang. Mit dem Beginn von Handgelderzahlungen (unerlaubt) wurden einige Spitzenspieler abgeworben. Als 1958 die Kohlekrise einsetzte fand sich kein Mäzen und der SVS stieg 1959 ab, 1960 wieder auf, um nach 1962 endgültig in die unteren Ligen abzustürzen. Zu Beginn der Aufstiegsserie (damals 3. Liga) kamen 7000 - 8000 Zuschauer pro Spiel. Nur der Wuppertaler SV mit Fußballprofis hatte mehr Zuschauer. Ein weiterer Faktor für den Erfolg war die Unterstützung durch die Zeche Mont-Cenis, die den Sportplatz der Zeche am Schacht 4 ausbaute und zur Verfügung stellte. Der Umbau des eigenen alten Platzes hätte der SVS finanziell nicht stemmen können. Dies erklärt auch die Lage direkt neben dem Förderturm.
Heute spielt der Verein in der Westfalenliga 2. Infos zum Verein findet man auf Facebook SV Sodingen. Nach dem Urgestein langjährigen Kapitän des Vereins wurde im September 2012 in Herne eine Straße in Hännes-Adamik-Straße umbenannt.


Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 im Jahr 1913
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 im Jahr 1921
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/ im Jahr 1922
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/2 im Jahr 1958
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 im Jahr 1977 und ...
Mont Cenis 1/3
... 1978 dahinter Schacht 6 von Friedrich der Große
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1 im Jahr 1978
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 im Jahr 1978
Mont Cenis 1
Mont Cenis Schacht 1 im Jahr 2014
Mont Cenis 1
Mont Cenis Schacht 1 im Jahr 2014
Mont Cenis 1a
Mont Cenis Schacht 1a im Jahr 2014
Mont Cenis 3
Mont Cenis Schacht 3 im Jahr 2014
Mont Cenis 1/3
Provisorische Gasleitung zum Schacht 3 im Jahr 2016
Mont Cenis 1/3
Gasbohrung 2016 vor Verlegung einer Rohrleitung
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 mit Fortbildungsakademie
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 neuer Zugang im Jahr 2014
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht 1/3 ehemaliger Zecheneingang
Mont Cenis 1/3
Mont Cenis Schacht Blockheizkraftwerk
Mont Cenis 1/3
Fortbildungsakademie
Mont Cenis 1/3
Fortbildungsakademie Vordach
Mont Cenis 1/3
Fortbildungsakademie Innenbereich
Mont Cenis 1/3
Fortbildungsakademie Innenbereich
Mont Cenis 1/3
Trümmerfeld von Herman Prigann
Mont Cenis 1/3
Trümmerfeld von Herman Prigann
Mont Cenis 1/3
Trümmerfeld von Herman Prigann
Mont Cenis 2
Mont Cenis Schacht 2 im Jahr 1916
Mont Cenis 2/4
Mont Cenis Schacht 2/4 im Jahr 1968
Mont Cenis 2/4
Mont Cenis Schacht 2/4 im Jahr 1968
Mont Cenis 2
Mont Cenis Schacht 2 im Jahr 2005
Mont Cenis 2
Mont Cenis Schacht 2 im Jahr 2005
Mont Cenis 2
Mont Cenis Schacht 2 im Jahr 2014
Mont Cenis 2a
Mont Cenis Schacht 2a im Jahr 2005
Mont Cenis 2a
Mont Cenis Schacht 2a im Jahr 2014
Mont Cenis 4
Mont Cenis Schacht im Jahr 4 1968
Mont Cenis 4
Mont Cenis Schacht im Jahr 4 1978
Mont Cenis 4
Mont Cenis Schacht 4 im Hausgarten
Mont Cenis 4
Mont Cenis Schacht 4 Protegohaube
Mont Cenis 5
Mont Cenis Schacht 5 gemauertes Widerlager
Mont Cenis 5
Mont Cenis Schacht 5 Schachtmarkierung
Mont Cenis 5
Mont Cenis Schacht 5 Reste Maschinenhaus, vorne Seildurchlass
Mont Cenis 5
Mont Cenis Schacht 5 gemauertes Widerlager
Mont Cenis 5
Mont Cenis Schacht 5 Fundamentreste
Mont Cenis Bahn
Mont Cenis ehemalige Bahntrasse am Schacht 5
Mont Cenis Bahn
letzte Relikte Hinweis der Bahntrasse
Mont Cenis Bahn
Widerlager der Bahnbrücke über die Castroper Straße

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