Zeche Radbod in Hamm-Bockum-Hövel
1905 - 1990
Die Zeche wurde ab 1905 im damals ländlichen Bereich nördlich der Lippe abgeteuft. Historisch gehörte die Region
immer zum Münsterland. Bis auf die Zechenkolonien hat sich die traditionelle Siedlungsstruktur wenig verändert. Die Dörfer Bockum und Hövel
entwickelten sich mit der Anlage zur Gemeinde Bockum-Hövel (1939). Diese war bis zur Eingemeindung nach Hamm im Jahr 1975 selbständig
und wuchs von 2128 Einwohnern auf 26210 an.
Der Zechenname war ein "Import" des ersten Generaldirektors, der aus Ostfriesland stammte. Die Benennung erfolgte nach Radbod, einem
friesischen Herzog (679 - 719). Die Grubenfelder waren unter dem Namen Trier III konsolidiert, der bis 1946 auch als Zechenname in Gebrauch
war. Dies deutet auf die Geldgeber aus Trier hin. Möglich ist daher auch der Erzbischof Radbod von Trier, der von 883 bis 915 im Amt
war.
Die Zeche wurde von einem der schwersten Grubenunglücke im Ruhrgebiet getroffen. Nur zwei Jahre nach der ersten Kohleförderung ereignete
sich am 11. November 1908 ein Schlagwetterexplosion mit nachfolgendem Grubenbrand. Dabei starben 350 Bergleute. Nur durch kontrolliertes Fluten
konnte der Brand eingedämmt werden. Bis 1910 dauerte das Instandsetzen der betroffenen Grubenbaue. Als Konsequenz wurden auf Radbod als erster
Zeche im Ruhrgebiet elektrische Lampen eingeführt und strenge Regeln bei der Benutzung von Wetterlampen, deren Flamme Methan anzeigte.
Trotzdem kam es später zu weiteren Unglücken. 1916 Schlagwetterexplosion mit sechs Toten, 1917 erstickten vier Bergleute und weitere
Schlagwetterexplosionen forderten 1923 drei und 1939 neun Tote. Auch brannte es 1926 zwei mal. Wieder wurde der betroffene Bereich
geflutet und erst 1938/39 gesümpft.
Die Ursachen des Unglücks blieben ungeklärt. Wahrscheinlich waren die relativ laschen Sicherheitsvorkehrungen und möglicherweise defekte
Benzinsicherheitslampen der Grund. Die hohen Methanmengen in der Kohle waren auch von den Nachbarzechen bekannt. Die große Zahl der Opfer
hängt mit dem ungewöhnlich gut angelaufenen Absatz der Zeche zusammen. Statt der üblichen 320 Bergleute waren 400 unter Tage. Viele
machten Sonderschichten. Ein weiterer Grund war der noch wenig ausgedehnte Abbaubereich, wodurch die Explosionsschwaden schnell alle
Grubenbereiche erreichten.
Der Kohleabbau wanderte nach Norden und nach 1945 zeichnete sich die Erschöpfung der wirtschaflich zu gewinnenden Vorräte ab. Daher wurde
ab 1967 ein Feldesteil der südlichen Nachbarzeche Heinrich Robert angepachtet. Ab etwa 1990 sollte im schon 1950 erwordenen Feld Donar
die Förderung aufgenommen werden und den weiteren Bestand der Anlage sichern. Dazu wurde in das Feld ein fünf km langer Querschlag bis
in den Bereich Ascheberg vorgetrieben. Dabei blieb es. Die Absatzlage der Ruhrzechen hatte sich stark verschlechtert und Radbod 1990 stillgelegt.
Die Schächte blieben offen und lange geisterte die Vision einer privat und ohne Subventionen betriebenen Zeche Donar durch die Medien. Angeblich
sollte die hochwertige Kokskohle dies zulassen. Kurzfristig waren weltweit die Preise für Koks stark gestiegen. Mit dem Beschluss, 2018
den Steinkohlebergbau ganz zu beenden wurde die Vision endgültig begraben, genauso wie Pläne eines Wasserkraftwerks unter Nutzung der
noch offenen Schächte und des Querschlags.
1967 wurde erstmalig im Ruhrgebiet ein Streb mit hydraulischen Ausbaugespannen ausgerüstet. Dies waren Gruppen von mehreren miteinander
verbundenen Stempeln, die synchron bewegt wurden. Sie waren eine Vorstufe der heutigen Abbauschilde.
Die Anlage Radbod 1/2/5 nahe beim Dorf Bockum veränderte das Umfeld rasant. Allein die Zechensiedlung hatte
mehr als die zehnfache Fläche des Dorfes. Mit dem nördlicher gelegenen Hövel entstand ein relativ homogener Siedlungsbereich.
Er ist aber weniger verdichtet als im mittleren Ruhrgebiet, da hier die Verbindung mit Hütten und Stahlwerken fehlt.
Die Zeche war als geplante Anlage architektonisch einheitlich gestaltet. Dies ist an den noch vorhanden Gebäuden erkennbar.
Die Strebengerüste der Schächte 1 und 2 sind mit den Schachthallen erhalten, ebenso das Gerüst des später geteufte Hauptförderschacht 5.
Diese bleiben als Ensemble erhalten. Die beiden ersten in Fachwerkbauweise sind Beispiele für die zu Beginn des 20. Jahrhunderts
am meisten gebauten Konstruktionen, das von Schacht 5 zeigt die Weiterentwicklung ab etwa 1930 zu den Vollwandstrebengerüsten.
Das durch Straßen erschlossene Gewerbegebiet weist noch viel Platz auf. Am Schacht 5 besteht eine Methangasverwertung. Für die
Wasserhaltung zum Schutz des Bergwerks Ost und als Wetterschacht er weiter offen. Die Schächte 1 und 2 wurden 1990 verfüllt,
Schacht 5 2012. Eine Halle am Zecheneingang wird vom "Kulturrevier Radbod" für Veranstaltungen von Rockkonzerten bis zu Tanz
und Abifeten genutzt.
Die Benennung von Schacht 5 erfolgte nach dem Generaldirektor Fritz Winkhaus des Köln-Neuessener Berwerksverereins. Dieser hatte
1920 Radbod übernommen, als die Zeche finanziell sehr schlecht aufgestellt war.
Der Schacht Radbod 3 lag östlich von der Förderanlage und wurde nach dem Unglück von 1908 abgeteuft, ohne dieses
wohl erst später wie bei vielen Doppelschachtanlagen. Die Revisionsöffnung liegt eingezäunt auf der ehemaligen Betriebsfläche, die
zum großen Teil bewaldet ist. Der Schacht wurde schon 1960 aufgegeben und verfüllt.
Weiter westlich liegt die Fläche des Schachtes Radbod 4 (auch Wittekind genannt). Er war als Luftschacht in
Betrieb und hatte einen Befahrungshaspel. Er wurde wie die Ventilatoren abgerissen. Nur noch die eingzäunte Protegohaube und
der Stutzen der Nachfüllöffnung deuten die frühere Funktion an. Der Durchmesser von 6,10 m war ungewöhnlich groß für den
Teufbeginn 1911 - sicher Folge des Unglücks.
Die im Donarfeld geplanten Schächte 6 und 7 wurden nie genutzt. Schacht 6 wurde zwar wie geplant bis auf
1350 m abgeteuft, aber wegen der Stilllegung nur konserviert. Das Abteufgerüst blieb stehen und machte eine Befahrung möglich.
Während der Diskussion über eine mögliche Weiternutzung fuhr hier ein Filmteam ein und drehte eine Kurzeportage für das
Regionalprogramm der WDR. Nach dem Ende der Wassserhaltung auf Radbod wurde der Schacht 2013 verfüllt.
Der 1,5 km westlich geplante Schacht 7 wurde bei 55 m gestundet und 1992 verfüllt.
Planung Zeche Donar
Die Planung für das Anschlussbergwerk wurde geändert, nachdem klar wurde, dass keine großen Betriebsflächen möglich waren.
Eine Reaktivierung des Standorts Radbod 1/2/5 schied aus. So wurde der Anschluss an das Bergwerk Ost erwogen. Dazu sollte
ein Förderberg aufgefahren werden, der an den bestehenden Querschlag nördlich von Schacht Radbod 5 anschließen sollte. Die
Kohle wäre mit Transportbändern zum Förderschacht gelangt. Schacht Radbod 6 sollte als Schacht Donar 1 für Bewetterung,
Seil- und Materialfahrt genutzt werden, Radbod 5 als Aussenschacht. Ein zusätzlicher Wetterschacht Donar 2 war fast an der
Stadtgrenze von Ascheberg geplant. Der Betrieb sollte 2015 beginnen und etwa 20 Jahre andauern - Genaueres zeigt der Auszug
aus den Planungsunterlagen der DSK.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 |
1905 |
1907 |
1990 |
996 |
1912 - 1977 |
2 |
1905 |
1907 |
1990 |
1090 |
|
3 |
1910 |
1911 |
1960 |
940 |
|
4 (Wittekind) |
1912 |
1917 |
1990 |
1090 |
|
5 (Winkhaus) |
1923 |
1927 |
1990 |
1090 |
|
6 |
1986 |
1988 |
2010 |
1350 |
|
7 |
1988 |
|
1990 |
55 |
|
maximale Förderung 1.309793 t 1989
durchschnittlich 900000 - 1,1 Mio.t/a
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- Rabod Schächte 1/2/5
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- Schacht Radbod 1 mit noch aufliegendem Förderseil
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- Schacht Radbod 1 Detailansicht
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- Schacht Radbod 1 Fördermaschinenhaus
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- Schacht Radbod 2 Schachthalle bei der Sanierung im Detail
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- Schacht Radbod 2 bei der Sanierung
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- Schacht Radbod 2 Fördermaschinenhaus
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- Schacht Radbod 3
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- Schacht Radbod 3 Revisionsöffnung
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- Schacht Radbod 4
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- Protegohaube auf Schacht Radbod 4
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- Vollstrebengerüst Schacht Radbod 5
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- Schacht Radbod 5 mit Resten der Wasserhaltung
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- Methanverwertzung am Schacht Radbod 5
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- Schacht Radbod 5 Fördermaschinenhaus
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- Schacht Radbod 6 Abteufgerüst
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- Radbod 1/2/5 - erste Betriebe im Gewerbegebiet
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- Veranstaltungshalle Kulturrevier auf Radbod 1/2/5
zur Auswahl