Zeche Hugo in Gelsenkichen-Buer
1873 - 1997
1873 wurde mit dem Abteufen von Schacht 1 in Gelsenkirchen-Buer begonnen, damals noch als Neu-Arenberg. Der
Name deutet die Lage im Vest Recklinghausen an, das zum Herzogtum Arenberg gehörte. 1875 erreichte man das Karbon. Durch einen
Wassereinbruch mit gleichzeitig ausströmendem Gas, das sich entzündete geriet die Zeche in finanzielle Schwierigkeiten, die zu
einer französischen Beteiligung führten. Nach der Konsoliderung der Einzelfelder zum Feld Hugo 1876 gehörten Josef Monin aus Paris
und Louis de Loreol aus Lyon zum Grubenvorstand. Sie hielten mit weiteren Franzosen etwa 70% der Kuxen. 1881 wurde die Gewerkschaft
Hugo gegründet und die Zeche nach dem ersten Grubenvorstand Hugo Honigmann umbenannt.
Auch beim Teufen weiterer Schächte kam es zu Wassereinbrüchen. Bei zwei Schlagwetterexplosionen 1894 und 1897 starben sieben bzw.
drei Bergleute. 1896 übernahm die Harpener Bergbau-AG die Zeche. Sie baute die Anlage zügig aus, die 1952 von der Essener
Steinkohlebergwerke AG (ab 1955 Mannemann AG) erworben wurde. Dies beruhte auf einer Anweisung der Alliierten zur Neuordnung der
Montanindustrie. Es ereigneten sich während der Betriebsphase nur wenige Unglücke (1903 ein Gebirgsschlag, 1929 matte Wetter und
1976 ein Streckenbruch mit jeweils drei Toten).
Mit dem Beschluss zur Reduzierung der Steinkohleförderung folgte eine umfassende Neuorganisation. Ab 1993 wurde das Baufeld der
Zeche Consolidation übernommen und die Förderung auf Hugo gehoben. Der selbständige Betrieb endete 1998 nach dem Verbund mit der
Zeche Ewald in Herten; die endgültige Stilllegung war im Jahr 2000. Lange Zeit kam es zu massiven Protesten mit Demonstrationen und
Straßenblockaden, die von 1991 bis 1998 besonders intensiv waren. Ein Verein versuchte eine Zeit lang ein Besucherbergwerk unter
Tage zu verwirklichen, scheiterte aber an den zu erwartenden Kosten und ungeklärten Sicherheitsfragen.
Für die Stadt Buer war die Zeche der wichtigste Arbeitgeber und mit den Zechensiedlungen auch ein prägender Faktor bei der Stadtentwicklung.
Durch den Abbau unter dem Stadtgebiet traten auch die üblichen Bergschäden auf. So musste z.B. eine Schräglage des für die Naherholung
wichtigen Berger Sees aufwändig ausgeglichen werden. Wer aufmerksam die Kurt-Schumacher-Strasse auf dem Anstieg vom Berger See zum
Buerer Zentrum beobachtet stellt immer wieder ausgebesserte Streifen und verkantete Bordsteine fest. Hier verläuft eine Zerrungszone,
die bis zum endgültigen Abklingen der Bergsenkungen noch jahrelang aktiv bleiben wird. Die Zeche hatte einen Hafen am Rhein-Herne-Kanal,
der über eine Anschlußbahn erreicht wurde.
Die Zeche Hugo war die letzte fördernde Anlage in Gelsenkirchen. Die 1993 von der Zeche Consolidation übernommenen Schächte wurden
bis 1996 aufgegeben und verfüllt (zusammen 12 Schächte).
Die Anlage Hugo 1/4 lag mitten in der angrenzenden Wohnbebauung an der Horster Straße. Die erste Kokerei
wurde nur gebaut, um die Quote für die Kokserzeugung beim Kohlesyndikat zu erhöhen. Sie wurde schon nach einem Jahr stillgelegt.
Die erzeugte Koksmenge konnte auf der Kokerei am Schacht 2/5 zusätzlich erzeugt werden. Die 1947 neu gebaute Kokerei wurde
mit steigendem Umweltbewußtsein zum Problem, da sie die Umgebung stark belastete. Der Betrieb endete daher 1977. Die Kohle wurde
schon seit 1963 auf der Anlage 2/5/8 gehoben. Danach wurden die beiden Schächte nur noch als Wetter- und Materialschacht genutzt.
Sie erhielten kleine Befahrungshaspel. Daneben stand ein großer Lüfter. Alle anderen Bauten bis auf die Markenkontrolle, in
der eine Gastronomie betrieben wird wurden abgerissen. Die Kokereifläche verschwand unter der Erweiterung der Zechenhalde.
Nach der Stilllegung wurde eine Methanabsaugung am Schacht 1 eingerichtet, über dem eine Protegohaube steht. Die angrenzende
Schüngelberghalde ist im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark umgestaltet worden und in das Gesamtkonzept
von Lichtmarken integriert. Auf einer bewusst unbegrünten Doppelpyramide auf dem oberen Haldenplateau sind zwei "Lichtkanonen"
installiert worden. Der restliche Bereich ist für die Naherholung erschlossen. Im direkt anschließenden Bereich wurde die
Siedlung Schüngelberg erweitert und auf die ursprünglich geplante Größe gebracht. Gleichzeitig wurde der historische Teil (1897 - 1919)
denkmalsgerecht saniert und der eigentlich totgesagte Siedlungsbereich (der Totalabriss war geplant) zum Vorzeigeprojekt.
Das Gelände von Schacht 2/5/8 liegt am Rand eines regionalen Grünzugs relativ frei von Bebauung. Bis zur
Übernahme durch Mannesmann hatte sich am Erscheinungsbild kaum etwas geändert. Über den Schächten 2 und standen die bei der
Harpener AG üblicher Tomsonböcke. Um 1960 herum begann der Ausbau zur Hauptförderanlage mit dem neuen Schacht 8. Er erhielt eine
Turmförderanlage und auch der Schacht 2 bekam 1974 ein neues Gerüst.
Von den Zechenbauten blieb das markante Gerüst in Stahlkastenbauweise über Schacht 2 mit dem Fördermaschinenhaus stehen. Um
den Erhalt hatte der letzte Betriebsratsvorsitzende Klaus Herzmanatus lange gekämft. Hier soll ein Ort für Kultur und
Lokalgeschichte ("Kleines Museum") entstehen. Auf der Abdeckung von Schacht 5 steht eine Protegohaube, ein Rohrstutzen auf
Schacht 8. Der zusammenhängende Gebäudekomplex von Waschkaue und Verwaltung steht leer. Eine mögliche Nutzung durch die angrenzende
Fachhochschule wurde diskutiert, aber nicht realisiert. Dagegen sprachen hohe Umbaukosten und die isolierte Lage in Bezug zum
Campus. Aktuell scheint ein Investor den Komplex u.a. für Präsentation seiner Oldtimer nutzen zu wollen.
Am Schacht 2 wird das zukünfige Nutzungskonzept erkennbar. Im Außenbereich befinden sich Exponate aus dem Bergbau. Am Zecheneingang
beherbergt das ehemalige Inkubatorgebäude seit 2008 das Regionalforstamt Ruhrgebiet. Dies hängt mit der Folgenutzung des
überwiegenden Teils der Betriebsfläche zusammen. Hier sollenim Biopark Hugo schnell wachsende Laubbäume angepflanzt werden, deren
Holz den Rohstoff zu Pellets für Bioheizungen bilden. Betreut werden auch die Wälder auf den Zechenbrachen und Bergehalden
(Industriewald), insbesondere die "Urwaldhalde" Rheinelbe. Informationen der DSK zu diesen Thematiken sind hier als PDF verfügbar
(
Industriewald und
Biopark).
Die Anschlussbahn zum Zechenhafen beginnt im östlich der ehemaligen Zeche und ist zu einem Fuß-/Radweg umgebaut. An der Horster
Straße hat ein Verein das Schrankenwärterhäuschen erhalten und dort eine kleine Ausstellung zum Bergbau eingerichtet.
Der Schacht Hugo 3 in Gelsenkirchen-Sutum wurde als Wetterschacht geplant und abgeteuft. Von 1902 - 1928
bestand ein eigenständiger Förderbetrieb. Er war wohl günstiger als der Transport unter Tage zur Anlage 1/4. Zudem lag der
Schacht direkt am Zechenbahnhof und nahe des Hafens. Der Schacht wurde 1967 endgültig aufgeben und verfüllt. Das Betriebsgelände
(überwiegend die Bergehalde) ist im Bezirksfriedhof Sutum aufgegangen. Der Schacht liegt eingezäunt im Grünstreifen neben
der ehemaligen Trasse der Anschlußbahn. Zu erkennen ist der Schachtdeckel mit dem Rohrstutzen der Nachfüllöffnung. Einige
Häuser der kleinen Zechensiedlung blieben erhalten.
Der Schacht 6 (Hugo Ost) am Buerer Stadtwald wurde zur Bewetterung der östlichen Abbaubetriebe nötig. Trotz
der kleinen Betriebsfläche war durch seine Lage auf einem Höhenrücken eine markante Landmarke und ein beliebtes Fotomotiv. Der
Abriss erfogte 2001. Bis zum Jahr 2000 war er noch Wetterschacht für die Zeche Ewald in Herten. Nach der Stilllegung wurde auch
hier eine Methangasabsaugung mit Gasturbinen zur Stromerzeugung eingerichtet.
Der Schacht 7 (Hugo Nord) im Stadtteil Scholven wurde zur Bewetterung der nördlichen Abbaubetriebe nötig.
Auf dem kleinen Betriebsgelände befand sich nur noch ein Grubenlüfter. Dort stehen heute einge Wohnhäuser. Der Schacht liegt
eingezäunt in einer Grünfläche. Auf der Schachtabdeckung liegt grober Schotter, darin steht in der Mitte eine Protegohaube.
Das Ganze wirkt wie ein Steingarten.
Die Besonderheit war das Fördergerüst. Es wurde als eines der wenigen transloziert, d.h. von einer anderen Schachtanlage versetzt.
Es stand ursprünglich über dem Schacht 2 der Essener Zeche Neu-Cöln. Das Umsetzen erfolgte 1942, wobei das Gerüst verstärkt
und etwas verändert wurde. Der Versuch, das Gerüst zu erhalten und unter Denkmalschutz zu stellen scheiterte u.a. deshalb.
Der kleine Stadtteil Bülse verlor damit seine charakteristische Landmarke.
Der Schacht Hugo 9 wurde in der Nähe der Arena auf Schalke abgeteuft, um den Abbau im Feld der ehemaligen Zeche
Graf Bismarck zu ermöglichen. Das Gebäude für den Befahrungshaspel (nur für Wartungsarbeiten) hatte Ähnlichkeit mit einer
kleinen Kirche. Der einziehende Schacht benötigte keinen Ventilator. Nach dem Abriss im Jahr 2002 entstand hier eine Methangasabsaugung
mit Gasturbinen zur Stromerzeugung.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 |
1873 |
1877 |
2001 |
1183 |
1914 - 1915/1947 - 1977 |
2 |
1882 |
1885 |
1999 |
1183 |
1906 - 1930/1936 |
3 |
1891 |
1895 |
1928 |
679 |
|
4 |
1899 |
1902 |
1999 |
1183 |
|
5 |
1907 |
1909 |
2001 |
943 |
|
6 (Ost) |
1933 |
1934 |
2000 |
1013 |
|
7 (Nord) |
1940 |
1942 |
1995 |
943 |
|
8 |
1957 |
1962 |
2001 |
1180 |
|
9 |
1975 |
1977 |
2000 |
927 |
|
Emschermulde 2 |
ab 1987 |
1992 Abgabe an Ewald |
|
1142 |
|
maximale Förderung 3.546251 t 1980
durchschnittlich 1,5 - 3 Mio. t/a
Das Gelsenkirchener Inkubatorzentrum war im Jahr 2000 am Zecheneingang für Existenzgründungen errichtet
worden. Im Prinzip war es ein Schnellschuss ohne ausreichende Planung und Kontrolle. Ein halbes Dutzend Professoren und
Mitarbeiter der FH Gelsenkirchen, die hier eigentlich Dienstleistungen erbringen sollten wanderten 2007 wegen Veruntreuung
von 12,7 Millionen Euro ins Gefängnis. Leider eines der vielen sinnlosen (aber öffentlichkeitswirksamen) Projekte bei
Zechenstillegungen.
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- Schacht Hugo 1 mit Protegohaube
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- Schacht Hugo 1 vor Lärmschutz der Methanverwertung
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- Schacht Hugo 1 Befahrunganlage 1980er Jahre
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- Schacht Hugo 4 (Schild) vor der Schüngelberghalde
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- Schacht Hugo 4 Befahrunganlage 1980er Jahre
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- Schacht Hugo 1/4 2003 mit der Lüfteranlage
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- Aussenbereich "Kleines Museum"
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- Gerüst Schacht Hugo 2
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- Schacht Hugo 2 um 1978
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- Vorarbeiten für den Biopark
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- Waschkaue und Verwaltungstrakt
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- Waschkaue und Verwaltungstrakt
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- Inkubatorgebäude während der Leerstandsphase
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- Inkubatorgebäude mit Forstamt
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- Siedlungshäuser an der Zechenzufahrt
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- Denkmalsgerecht sanierte Siedlunghäuser
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- Hugo 2/5/8 2003 mit längst funktionsloser Kohlenwäsche
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- Schacht Hugo 3
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- Revisionsöffnung Schacht Hugo 3
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- Methangaskraftwerk am Schacht Hugo 5
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- Schacht Hugo 5 mit Ptotegohaube
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- Schacht Hugo 5 1978
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- Methangaskraftwerk am Schacht Hugo 6
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- Schacht Hugo 7 mit Protegohaube
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- Schacht Hugo 7 1978
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- Schacht Hugo 8 Rohrstutzen
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- Methangaskraftwerk am Schacht Hugo 9
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- Bahnwärterhäuschen an der Zechenbahntrasse
zur Auswahl